20/12/18
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An unseren Artikel über die neue Geoblocking-Verordnung und dessen Bedeutung für den Cross-Border E-Commerce anknüpfend stellt Diplom-Jurist Felix Meurer in einem Gastbeitrag die Details der EU-Verordnung vor. Onlinehändler aufgepasst!
Seitdem 3. Dezember 2018 ist die EU-Verordnung über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarktes (2018/302) – kurz: Geoblocking-Verordnung – gültig.
Mit Einführung der Geoblocking-Verordnung möchte die EU einen weiteren Schritt zur Verbesserung des Digitalen Binnenmarktes machen. Ziel der Geoblocking-Verordnung ist es, den grenzüberschreitenden Handel zu fördern und zu verhindern, dass Kunden aus anderen EU-Ländern zu schlechteren Konditionen einkaufen oder ganz vom Handel eines Anbieters ausgeschlossen werden.
Die Relevanz der Geoblocking-Verordnung für Betreiber von Onlineshops ist hoch, denn die Verordnung gilt unmittelbar in jedem der 28 EU-Mitgliedsstaaten, sie muss nicht zunächst durch den jeweiligen nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden. Insbesondere hat die Geoblocking-Verordnung drei wesentliche Regelungsbereiche: Zum einen wird das Geoblocking an sich verboten (Art. 3 Geoblocking-VO). Darunter ist das Sperren oder Beschränken von Zugangsmöglichkeiten für Kunden aus anderen EU-Ländern zu verstehen. Zum anderen sollen Kunden aus anderen EU-Ländern zu gleichen Konditionen einkaufen können wie auch Kunden aus dem Land des Anbieters (Art. 4 Geoblocking-VO). Außerdem soll eine Diskriminierung im Bereich der Zahlungsmittel verhindert werden (Art. 5 Geoblocking-VO).
Die Geoblocking-Verordnung gilt grundsätzlich für sämtliche grenzüberschreitende Sachverhalte. Nicht erfasst werden ausdrücklich innerstaatliche Sachverhalte, also Transaktionen, welche ausschließlich auf dem Gebiet eines einzelnen Mitgliedsstaates vorkommen (Art. 2 Abs. 2 Geoblocking-VO). Generell erfasst der Anwendungsbereich der Geoblocking-Verordnung das Verhältnis „Kunde – Anbieter“. Dabei gilt die Geoblocking-Verordnung sowohl gegenüber Privatkunden als auch Unternehmenskunden, sofern Letztere Ware oder Dienstleistungen als Endkunden erwerben. Die Geoblocking Verordnung gilt nicht nur für klassische Onlineshops, sondern auch Online-Marktplätze. Zudem gilt sie nicht allein für den Onlinehandel, sondern auch den stationären Handel.
Sachlich regelt die Geoblocking-Verordnung das diskriminierungsfreie Angebot von Waren und Dienstleistungen. Dabei gilt die Verordnung jedoch nicht in sämtlichen Bereichen. Ausdrücklich ausgenommen werden zum Beispiel Finanzdienstleistungen (Bankdienstleistungen, Kreditgeschäfte, Wertpapiergeschäfte etc.), Verkehrsdienstleistungen, Gesundheitsdienstleistungen oder Glücksspiel (Art. 2 Abs. 2 Geoblocking-VO). Websites, die ausschließlich Informationen bereithalten und über die keine Produkte gekauft werden können, unterfallen der Geoblocking-Verordnung nicht. Problematisch sind allerdings Fälle, in denen unmittelbar über eine Website ein Produkt auf einer anderen Website aufgerufen und dort gekauft werden kann.
Art. 3 Geoblocking-VO kann als das „Herzstück“ der Verordnung bezeichnet werden, denn er regelt unmittelbar das Verbot diskriminierender Zugangsbeschränkungen. Danach ist es Anbietern von Waren und Dienstleistungen verboten, Kunden den Zugang zu ihren „Online-Benutzeroberflächen“ zu beschränken. Insbesondere Onlineshops müssen demnach für jeden Kunden erreichbar sein. Unter „Benutzeroberflächen“ sind dabei nicht nur klassische Websites und Onlineshops zu verstehen, sondern ebenfalls Apps (Art. 2 Nr. 16 Geoblocking-VO).
Bisher war es auf vielen Websites gängige Praxis, dass Nutzer aus einem bestimmten Land eine Website nicht aufrufen konnten oder automatisch auf eine entsprechende Version der Website weitergeleitet wurden, ohne Einfluss darauf zu haben (sog. Re-Routing). Dies ist nun nicht mehr zulässig. Jeder Nutzer muss die Möglichkeit haben, eine bestimmte Website aufzurufen.
Dazu ein Beispiel: Bisher wurden Kunden aus Frankreich, die die Website www.shop.de aufrufen wollten, automatisch auf die französische Version www.shop.fr weitergeleitet. Nun muss es französischen Kunden bzw. allen Personen, die mittels einer französischen IP-Adresse zugreifen, möglich sein, auch die Version www.shop.de aufzurufen.
Eine Beschränkung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnortes oder der Niederlassung des Kunden ist nicht mehr zulässig. Nicht erforderlich ist es allerdings auch nach der Geoblocking-Verordnung, dass Onlineshop-Betreiber nunmehr für jeden EU-Mitgliedsstaat eine Website-Version bereithalten. Weiterhin dürfen Kunden nur in bestimmten Sprachen angesprochen werden. Allerdings müssen diese Websites auch für Kunden aus anderen EU-Ländern erreichbar sein. Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Zunächst können Kunden auf eine andere Website-Version weitergeleitet werden, sofern sie darüber verständlich informiert werden und ausdrücklich ihre Zustimmung dazu erteilen. Ein konkludentes Handeln, also das reine Weitersurfen auf einer Website, ist nicht ausreichend für eine Zustimmung. Der Kunde muss eine aktive Zustimmungshandlung vornehmen, also beispielsweise eine Checkbox anklicken. Zulässig soll es hingegen sein, eine erteilte Zustimmung mittels eines Cookies oder einer entsprechenden Einstellung im Nutzerkonto zu speichern, sodass bei dem nächsten Websiteaufruf eine automatische Weiterleitung zulässig ist. Demgegenüber sieht Art. 2 Abs. 2 U Abs. 2 Geoblocking-VO jedoch auch vor, dass jede Website-Version weiterhin für den Kunden leicht zugänglich sein muss, unabhängig von der erteilten Zustimmung. Das bedeutet, dass Kunden zum Beispiel mittels eines gut sichtbaren Buttons wieder auf die ursprüngliche Website-Version zurückgelangen müssen. Die Zustimmung zur Weiterleitung ist außerdem für die Zukunft widerruflich.
Zudem kann eine Beschränkung des Zugangs erfolgen, sofern dies zur Erfüllung rechtlicher Anforderungen im Unionsrecht oder im Recht eines EU-Mitgliedsstaates erforderlich ist (Art. 2 Abs. 3 Geoblocking-VO). Dies kann beispielsweise zur Erfüllung von Jugendschutzanforderungen oder in Verbindung mit gesundheitsgefährdenden Produkten (Feuerwerkskörper, Medikamente etc.) der Fall sein. In diesen Fällen muss der Anbieter den Kunden allerdings klar und deutlich darüber informieren, aus welchen Gründen der Zugang beschränkt wird. Die Information hat dabei in der Sprache der Website-Version zu erfolgen, welche der Kunde aufrufen wollte.
Weiterhin verbietet Art. 4 der Geoblocking-Verordnung, für den Zugang zu Waren und Dienstleistungen unterschiedliche „allgemeine Geschäftsbedingungen“ aus Gründen der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden anzuwenden. Unter „allgemeinen Geschäftsbedingungen“ sind allerdings nicht die „AGB“ zu verstehen, sondern allgemeiner alle Kauf-, Preis-, Zahlungs- und Lieferbedingungen (Art. 2 Nr. 14 Geoblocking-VO). Kunden sollen in der Lage sein, Waren und Dienstleistungen zu den gleichen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Dies gilt ausdrücklich jedoch nicht, sofern es Anbietern durch bestimmte Vorschriften im Unionsrecht oder im Recht eines EU-Mitgliedsstaates untersagt ist, bestimmten Kunden Waren oder Dienstleistungen anzubieten (Art. 4 Abs. 5 Geoblocking-VO).
Dazu ein Beispiel: Ein Kunde aus Frankreich muss Produkte in einem Onlineshop zu den gleichen Bedingungen kaufen können, wie ein Kunde aus Deutschland es könnte.
Das Verbot unterschiedlicher Bedingungen gilt zum einen für den Erwerb von Waren, die an einen bestimmten Ort, welcher zum Liefergebiet des Anbieters gehört, geliefert werden sollen oder die an einem Ort abgeholt werden können (Art. 4 Abs. 1 lit. a Geoblocking-VO). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Onlinehändler nunmehr verpflichtet sind, Lieferungen in sämtliche EU-Mitgliedsstaaten anzubieten. Sofern ein Onlinehändler aus Deutschland nur Selbstabholung und Lieferung innerhalb Deutschlands anbietet, ist dies auch weiterhin zulässig. Allerdings muss der Anbieter nunmehr auch Kunden aus Frankreich ermöglichen, Waren in seinem Onlineshop zu erwerben und ebenfalls selbst abzuholen oder an eine Adresse in Deutschland versenden zu lassen. Um den weiteren Transport nach Frankreich muss der Kunde sich sodann selbst kümmern. Bietet ein Anbieter darüber hinaus Lieferungen auch in die Niederlande an, muss auch der französische Kunde daneben die Möglichkeit haben, die Ware an eine Adresse in die Niederlande versenden zu lassen. Insbesondere an dieser Stelle könnte bei vielen Onlinehändlern ein Anpassungsbedarf bestehen.
Zudem ist es nicht erforderlich, dass Onlinehändler nunmehr zu einheitlichen Versandpreisen in alle EU-Mitgliedsstaaten versenden. Berechnet ein deutscher Onlinehändler beispielsweise für Lieferungen innerhalb Deutschlands 9,99 €, für Lieferungen in die Niederlande 12,99 € und für Lieferungen nach Frankreich 15,99 €, ist dies weiterhin zulässig. Allerdings muss auch ein französischer Kunde die Möglichkeit haben, gekaufte Waren an eine Adresse in Deutschland für einen Preis von 9,99 € versenden zu lassen, erhöhte Lieferpreise für einen französischen Kunden sind nunmehr unzulässig. Außerdem müssen Händler grundsätzlich einheitliche Nettopreise anbieten (Art. 4 Geoblocking-VO in Verbindung mit Art. 2 Nr. 14 Geoblocking-VO). Die Brutto-Preise dürfen je nach Besteuerungsmodell des jeweiligen Landes des Kunden abweichen. Eine Ausnahme für unterschiedliche Preise sieht Art. 4 Abs. 5 UAbs. 2 Geoblocking-VO für den Verkauf von Büchern vor. Durch die Buchpreisbindung, welche in einigen EU-Mitgliedsstaaten besteht, ist es weiterhin zulässig, Büchern in unterschiedlichen EU-Ländern zu unterschiedlichen Preisen anzubieten, sofern dazu eine rechtliche Verpflichtung besteht.
Als dritte wesentliche Regelung enthält Art. 5 Geoblocking-VO das Verbot, Kunden aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, ihres Wohnsitzes oder des Ortes ihrer Niederlassung bezüglich der akzeptierten Zahlungsmethoden unterschiedlich zu behandeln. Nun müssen allen Kunden eines Onlineshops grundsätzlich dieselben Zahlungsmethoden angeboten werden, unabhängig davon, aus welchem Land sie auf die Website zugreifen. Außerdem dürfen Kunden aus anderen Ländern keine zusätzlichen Gebühren für die gleichen Zahlungsmethoden auferlegt oder ihnen bestimmte Zahlungsmethoden nur bis zu einer bestimmten Bestellsumme angeboten werden.
Dazu ein Beispiel: Ein deutscher Onlineshop-Betreiber, welcher die Zahlung mittels VISA-Kreditkarte akzeptiert, muss nach der Geoblocking-Verordnung nun auch die Zahlung mittels VISA-Kreditkarten, welche in Frankreich ausgestellt wurden, akzeptieren. Er darf dafür auch keine zusätzlichen Gebühren erheben.
Das Verbot des Art. 5 Abs. 1 Geoblocking-VO gilt jedoch nur für Zahlungsvorgänge, die über eine elektronische Transaktion durch Überweisung, Lastschrift oder ein kartengebundenes Zahlungsinstrument erfolgen, die Authentifizierungsanforderungen erfüllen und in einer Währung erfolgen, welche der Anbieter akzeptiert. Dies ist bei Zahlungen in Euro regelmäßig der Fall. Bietet ein Onlinehändler beispielsweise Zahlung mittels VISA-Kreditkarte an, muss er diese Zahlungsmethode sämtlichen Kunden ermöglichen. Allerdings ist der Händler nicht dazu verpflichtet, auch Zahlungen mittels einer MASTERCARD-Kreditkarte anzubieten. Natürlich müssen Onlinehändler nun auch nicht sämtliche möglichen Zahlungsmethoden vorhalten.
Zudem dürfen Onlinehändler grundsätzlich auch Gebühren für die Nutzung bestimmter kartengebundener Zahlungsmethoden erheben (Art. 5 Abs. 3 Geoblocking-VO). Nach der Geoblocking-Verordnung müssen diese Gebühren jedoch einheitlich für sämtliche Kunden gelten. Zu beachten ist diesbezüglich allerdings der neue § 270a BGB, welcher auf Art. 62 Abs. 5 der EU-Zahlungsdiensterichtlinie beruht. Danach sind Gebühren, die auf bestimmte Zahlungsmittel erhoben werden, generell verboten, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Kunden.
Kredite und Finanzierungsmöglichkeiten, welche Kunden unter Umständen eingeräumt werden, müssen nicht einheitlich sein, da sie keine elektronischen Transaktionen darstellen. Sehr wohl durch die Geoblocking-Verordnung erfasst werden jedoch Rechnungskäufe, sofern die Bezahlung dieser beispielsweise mittels Überweisung erfolgt. Sofern ein Onlinehändler aktuell Kunden aus Deutschland den Kauf auf Rechnung ermöglicht, muss er dies nun allen Kunden anbieten. Auch die Zahlung per Paypal ist erfasst.
Art. 5 Abs. 2 Geoblocking-VO sieht ein Zurückbehaltungsrecht für Anbieter vor. Bei Vorliegen objektiver nicht-diskriminierender Gründe können Onlinehändler die Lieferung von Waren oder das Erbringen von Dienstleistungen zurückhalten, bis sie eine Bestätigung über das ordnungsgemäße Einleiten des Zahlungsvorgangs erhalten haben. Damit soll Anbietern das Risiko der Vorleistung und eines Zahlungsausfalls verringert werden.
Onlinehändler sollten die Vorgaben der Geoblocking-Verordnung ernst nehmen und kurzfristig umsetzen. Die Geoblocking-Verordnung sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Maßnahmen erlassen, die bei Verstößen gegen die Verordnung anwendbar sind (Art. 7 Abs. 2 Geoblocking-VO). § 149 Abs. 1c TKG enthält verschiedene Ordnungswidrigkeitstatbestände. Verstöße können mit Geldbußen bis zu einer Höhe von 300.000 Euro geahndet werden.
Zudem stellen die Vorschriften der Geoblocking-Verordnung zweifelsfrei sog. Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG dar und können daher von zuständigen Stellen abgemahnt werden. Dies ist – anders als bei der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) – auch nicht umstritten. Auch durch solche Abmahnungen können betroffenen Händlern unter Umständen erhebliche Kosten entstehen.
Onlineshop-Betreiber sollten ihre Onlineshops kurzfristig darauf kontrollieren, ob diese allen Kunden einen unbeschränkten Zugang bieten. Zudem sollten automatische Weiterleitungen (sog. Re-Routing) deaktiviert werden und gegebenenfalls Vorschaltseiten integriert werden, über welche die Zustimmung zur Weiterleitung von Website-Nutzern eingeholt werden kann. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass Website-Nutzer ausreichend und leicht verständlich über die Bedeutung ihrer Zustimmung informiert werden und eine Widerrufsmöglichkeit bezüglich der Zustimmung integriert wird (sog. Opt-Out).
Außerdem sollten Onlineshop-Betreiber ihre Kaufbedingungen und Zahlungsmodalitäten auf die angesprochenen Anforderungen hin überprüfen und gegebenenfalls entsprechende Anpassungen vornehmen. Dabei sollten Händler insbesondere darauf achten, dass im Bestellprozess bei Angabe der Rechnungsadresse keine Beschränkungen auf bestimmte Länder bestehen. Bei Angabe der Versandadresse sind hingegen Beschränkungen auf die angebotenen Lieferorte zulässig.
Onlineshop-Betreiber sollten die Geoblocking-Verordnung nicht als zusätzliche Hürde, sondern als neue Chance ansehen. Die Umsätze im Onlinehandel nehmen jedes Jahr um rund 22 % zu. Für Onlineshop-Betreiber bietet die Geoblocking-Verordnung somit die Möglichkeit, ihr Angebot auch für neue Märkte zu öffnen und weitere Umsätze zu generieren.
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