21/12/22
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Die Digitalisierung des Einzelhandels ab den 2000er Jahren durch Amazon und andere weltweiter Player betraf generell alle Branchen. Doch gab es eine prominente Ausnahme: die Fashion-Branche, und hier insbesondere die Luxusmarken.
Diese Industrie fürchtete um ihre Exklusivität und ihre Reputation, die der von Generalisten wie Amazon oder Google Shopping beherrschte Online-Markt ihrer Ansicht nach bedrohte. Erst durch das Aufkommen großer Fashion-Marktplätze wie Zalando, YOOX oder Privalia hat sich die Modebranche aus der Reserve locken lassen.
Marktplätze (ohne Amazon-Eigenhandel) verbuchten eine fulminante Entwicklung und haben aktuell einen Marktanteil von 46% am deutschen Onlinehandel (HDE Online-Monitor 2022) – Fashion-Marktplätze sind dabei der entscheidende Wachstumstreiber. Mit dieser rasanten Dynamik können die eigenen Online-Shops der Fashionmarken nicht mithalten, obwohl auch diese ihren Umsatz bis 2023 wohl verdoppeln werden. Eine Schlüsselrolle für das Umdenken der Fashion-Industrie spielt auch Corona, dazu später mehr.
Welche Vorteile bezieht eine Modemarke daraus, auf einem Fashion-Marktplatz präsent zu sein? Weshalb sollte sie ihre Exklusivität einbüßen und freiwillig Teil des Label-Ozeans werden, um in dessen Tiefen womöglich ununterscheidbar zu werden?
Aber Fashion-Marktplätze müssen auch mit Herausforderungen kämpfen. Dazu zählen die langjährigen ausbleibenden Gewinnmargen und die Unsicherheit ausbleibender Zahlungsrunden, unter denen auch Zalando litt. Neueinsteiger wie der britische Luxusmodemarken-Anbieter Farfetch legten zudem 2021 eher enttäuschende Quartalszahlen vor. Auch das auf den Schuhverkauf spezialisierte französische Spartoo strauchelt und wurde seinen Ambitionen als Online-Schuhverkäufer Nummer Eins in der DACH-Region bisher noch nicht gerecht. Das Risiko für Modemarken in diesem Kampf um Margen im Onlinegeschäft bleibt dabei allerdings sicherlich überschaubar.
Es ist kaum überraschend, dass der Boom der Fashion-Marktplätze durch die Corona-Krise beschleunigt, wenn auch nicht ausgelöst wurde. Denn bereits 2019, dem Jahr vor der Pandemie, verbuchten diese Plattformen ein rasantes Wachstum.
So konnte zum Beispiel Zalando in diesem Jahr 5 Millionen aktive Neukunden für einen Kundenstamm von 31 Millionen gewinnen und seinen Umsatz um 20,3 % steigern. Die Corona-Krise ab 2020 mit den von staatlichen Stellen in Abständen verhängten Lockdowns schränkte das physische Shopping-Erlebnis, vor allem im Modebereich, stark ein. Auch zweieinhalb Jahre nach dem ersten Lockdown herrscht Unsicherheit über die Möglichkeit weiterer Einschränkungen in der Herbst- und Wintersaison 2022/23 vor.
Die teuren Ladenmieten, gerade in repräsentativen Innenstadtlagen, haben ihr Übriges zur Krise beigetragen. In der Zwischenzeit haben neue Player in Online-Kanälen und auf Fashion-Plattformen an Momentum gewonnen, die dem stationären Einzelhandel schwer zusetzen.
Von der Corona-Krise profitierten die Fashion-Marktplätze stark: ABOUT YOU, ebenfalls ein deutscher Online-Anbieter des OTTO-Konzerns mit Sitz in Hamburg, konnte seinen Gewinn im Zeitraum 2020/21 im DACH Markt auf 6,6 % erhöhen, der Gesamtumsatz von Zalando stieg 2021 um 29,7 % auf 19,4 Milliarden Euro.
Entscheidender für die neue Akzeptanz von Fashion-Marktplätzen durch die Modeindustrie ist aber vermutlich das neue Einkaufsverhalten der Y- und Z-Generationen, die für die Branche unverzichtbar sind, gerade wenn man bedenkt, dass sie 2019 für 100 % des Wachstums des Sektors verantwortlich waren und im Jahr 2025 zusammen 70 % des Marktes ausmachen werden.
Fashion-Marktplätze sind vertikal aufgebaut und damit auch ideal zum Stöbern geeignet. Sie imitieren damit das physische Shoppingerlebnis von Kunden, die sich inspirieren lassen und neue Produkte entdecken wollen und keine feste Vorstellung von ihrem finalen Kauf haben. Auch preisbewusste Kunden tummeln sich hier, denen es vielleicht weniger wichtig ist, die neueste Kollektion zu tragen. Dies garantiert den auf Fashion-Marktplätzen vertretenen Modemarken neue Kundschaft und potenziell höhere Umsätze, die die fehlende Exklusivität der eigenen Website mit einem teuren Direktvertrieb kompensieren dürften.
Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass Fashion-Marktplätze es Modemarken ermöglichen, von Cross- und Upselling für ihre Kollektionen zu profitieren, eine variable Preisgestaltung für diese zu fahren, Kosten für Retouren und Umtausch einzusparen, von mehr Sichtbarkeit im Onlinehandel zu profitieren und neue Kundengruppen anzusprechen. Auf Outlet-Portalen wie Privalia oder Zalando Lounge können zudem auch Luxusmarken abgelaufene Kollektionen oder Restbestände einem exklusiveren Publikum anbieten. Zu den Herausforderungen im Umgang mit Fashion-Marktplätzen zählt sicherlich die noch ungeklärte Wettbewerbssituation, da nicht alle heute am Markt vertretenen Händler den harten Konkurrenzkampf überleben werden. Für Luxus-Marken stellt sich unabhängig von den obigen Vorteilen außerdem die Frage nach aufgeweichter Exklusivität und Repräsentativität, wollen sie nicht auf Portale wie Farfetch setzen, die sich noch nicht durchgesetzt haben. Aber auch Artikel dieser Kategorie haben Zalando & Co im Rahmen von Mitgliederprogrammen u. Ä. in den letzten Jahren besser integrieren können.
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