Fashion-Marktplätze: Auf was muss man achten?

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Die Digitalisierung des Einzelhandels ab den 2000er Jahren durch Amazon und andere weltweiter Player betraf generell alle Branchen. Doch gab es eine prominente Ausnahme: die Fashion-Branche, und hier insbesondere die Luxusmarken.
Diese Industrie fürchtete um ihre Exklusivität und ihre Reputation, die der von Generalisten wie Amazon oder Google Shopping beherrschte Online-Markt ihrer Ansicht nach bedrohte. Erst durch das Aufkommen großer Fashion-Marktplätze wie Zalando, YOOX oder Privalia hat sich die Modebranche aus der Reserve locken lassen.

Marktplätze (ohne Amazon-Eigenhandel) verbuchten eine fulminante Entwicklung und haben aktuell einen Marktanteil von 46% am deutschen Onlinehandel (HDE Online-Monitor 2022) – Fashion-Marktplätze sind dabei der entscheidende Wachstumstreiber. Mit dieser rasanten Dynamik können die eigenen Online-Shops der Fashionmarken nicht mithalten, obwohl auch diese ihren Umsatz bis 2023 wohl verdoppeln werden. Eine Schlüsselrolle für das Umdenken der Fashion-Industrie spielt auch Corona, dazu später mehr.

Das schlummernde Potenzial von Fashion-Marktplätzen für die Modebranche

Welche Vorteile bezieht eine Modemarke daraus, auf einem Fashion-Marktplatz präsent zu sein? Weshalb sollte sie ihre Exklusivität einbüßen und freiwillig Teil des Label-Ozeans werden, um in dessen Tiefen womöglich ununterscheidbar zu werden? 

  • Zunächst profitiert die Modemarke natürlich von der Reichweite eines solchen Marktplatzes. Die auch als „vertikale“ Marktplätze bezeichneten Plattformen bündeln bestimmte Produkttypen in sich ähnelnden Kategorien und können damit ein hohes Ranking bei Suchmaschinen erzielen. Da diese Kategorien vergleichbar sind, ermöglichen sie das Cross- und Upselling, was den Produkten der einzelnen Marken höhere Absatzraten beschert.
  • Von der dank des hohen Rankings bewirkten erhöhten Sichtbarkeit profitieren die einzelnen Marken, zumal sie keinen Finger bei der Bewerbung ihrer Produkte rühren müssen, da die Fashion-Marktplätze mit ihrem eigenen Etat in Online-Marketingkampagnen investieren und sich eine Kundenbasis aufbauen.
  • So schaffen Fashion-Marktplätze größeres Vertrauen bei den Kunden, die einheitliche Verkaufs- und Rückgabebedingungen auf der Plattform vorfinden und nicht gezwungen sind, unterschiedliche Geschäftsbedingungen miteinander zu vergleichen, wie es bei Generalisten wie Amazon geschehen kann.
  • Nicht zuletzt wird das Retourenmanagement von Artikeln an den Betreiber der Plattform abgetreten. All dies entlastet den potenziell teuren Direktvertrieb der Modemarken.

Aber Fashion-Marktplätze müssen auch mit Herausforderungen kämpfen. Dazu zählen die langjährigen ausbleibenden Gewinnmargen und die Unsicherheit ausbleibender Zahlungsrunden, unter denen auch Zalando litt. Neueinsteiger wie der britische Luxusmodemarken-Anbieter Farfetch legten zudem 2021 eher enttäuschende Quartalszahlen vor. Auch das auf den Schuhverkauf spezialisierte französische Spartoo strauchelt und wurde seinen Ambitionen als Online-Schuhverkäufer Nummer Eins in der DACH-Region bisher noch nicht gerecht. Das Risiko für Modemarken in diesem Kampf um Margen im Onlinegeschäft bleibt dabei allerdings sicherlich überschaubar.

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Fashion-Marktplätze vor und nach Corona: Wie sich die Branchen Riesen  in der Krise geschlagen haben

Es ist kaum überraschend, dass der Boom der Fashion-Marktplätze durch die Corona-Krise beschleunigt, wenn auch nicht ausgelöst wurde. Denn bereits 2019, dem Jahr vor der Pandemie, verbuchten diese Plattformen ein rasantes Wachstum.

So konnte zum Beispiel Zalando in diesem Jahr 5 Millionen aktive Neukunden für einen Kundenstamm von 31 Millionen gewinnen und seinen Umsatz um 20,3 % steigern. Die Corona-Krise ab 2020 mit den von staatlichen Stellen in Abständen verhängten Lockdowns schränkte das physische Shopping-Erlebnis, vor allem im Modebereich, stark ein. Auch zweieinhalb Jahre nach dem ersten Lockdown herrscht Unsicherheit über die Möglichkeit weiterer Einschränkungen in der Herbst- und Wintersaison 2022/23 vor.

Die teuren Ladenmieten, gerade in repräsentativen Innenstadtlagen, haben ihr Übriges zur Krise beigetragen. In der Zwischenzeit haben neue Player in Online-Kanälen und auf Fashion-Plattformen an Momentum gewonnen, die dem stationären Einzelhandel schwer zusetzen.

Von der Corona-Krise profitierten die Fashion-Marktplätze stark: ABOUT YOU, ebenfalls ein deutscher Online-Anbieter des OTTO-Konzerns mit Sitz in Hamburg, konnte seinen Gewinn  im Zeitraum 2020/21 im DACH Markt auf 6,6 % erhöhen, der Gesamtumsatz von Zalando stieg 2021 um 29,7 % auf 19,4 Milliarden Euro.

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Omnichannel, Social Media und die Generationen Y und Z

Entscheidender für die neue Akzeptanz von Fashion-Marktplätzen durch die Modeindustrie ist aber vermutlich das neue Einkaufsverhalten der Y- und Z-Generationen, die für die Branche unverzichtbar sind, gerade wenn man bedenkt, dass sie 2019 für 100 % des Wachstums des Sektors verantwortlich waren und im Jahr 2025 zusammen 70 % des Marktes ausmachen werden.

  • Diese Generationen sind Digital Natives und setzen ein Einkaufserlebnis voraus, das selbstverständlich online und offline erfolgt und stark vom Storytelling auf Social Media beeinflusst ist.
  • Das bedeutet nicht, dass die Vertreter dieser Generationen nur im Internet shoppen. Sie bevorzugen ein Omnichannel-Modell, um die Ware online zu recherchieren und offline zu kaufen oder auch umgekehrt. Artikel einer Marke müssen also auf mehreren Kanälen präsent sein und ein möglichst einheitliches Image aufweisen.
  • Das reine Offline-Einkaufserlebnis wird vor diesem Hintergrund immer weiter zurückgehen, von ca. 39 % in 2019 auf vermutlich nur noch 15 % im Jahr 2023, während Omnichannel-Shopping im gleichen Zeitraum um 60 % zunehmen wird.
  • Die Transformation und Durchsetzung von Social-Media- in echte E-Commerce-Plattformen (oder Social Commerce) treibt diesen Wandel weiter voran und erfordert die erhöhte Präsenz der Marken in diesem Bereich, um weiter im Spiel zu bleiben. Immerhin 61 % der Generation Z geben an, sich von Instagram zum Einkaufen inspirieren zu lassen und es manchmal direkt von dort aus zu tun.
  • Insgesamt ist zu beobachten, dass Nutzer auch sehr viel loyaler gegenüber Marken sind, denen sie in den sozialen Medien folgen. Je aktiver die Marke ist, etwa in Form von Livestreams und Online-Spielen in den Social Media, desto stärker honorieren dies gerade jüngere Kunden, die so mit der Marke „im Gespräch“ bleiben.
  • Fashion-Marktplätze sind ideale Verknüpfungspunkte zwischen Omnichannel-Kunden und Marken, da sie durch ihre Werbekampagnen selbstverständlich in diesen Medien vertreten sind und oftmals imstande sind, das Shopping-Erlebnis zu kanalisieren.
  • Welche Auswirkungen das Aufleben des “Metaverse” auf diese Entwicklung hat, lässt sich heute noch nicht genau sagen. Experten sind sich allerdings einig, dass dieses digitale Universum den Online-Handel weiter befeuern wird.

Weniger Exklusivität wird durch Kundenzuwachs kompensiert

Fashion-Marktplätze sind vertikal aufgebaut und damit auch ideal zum Stöbern geeignet. Sie imitieren damit das physische Shoppingerlebnis von Kunden, die sich inspirieren lassen und neue Produkte entdecken wollen und keine feste Vorstellung von ihrem finalen Kauf haben. Auch preisbewusste Kunden tummeln sich hier, denen es vielleicht weniger wichtig ist, die neueste Kollektion zu tragen. Dies garantiert den auf Fashion-Marktplätzen vertretenen Modemarken neue Kundschaft und potenziell höhere Umsätze, die die fehlende Exklusivität der eigenen Website mit einem teuren Direktvertrieb kompensieren dürften.

Ausblick

Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass Fashion-Marktplätze es Modemarken ermöglichen, von Cross- und Upselling für ihre Kollektionen zu profitieren, eine variable Preisgestaltung für diese zu fahren, Kosten für Retouren und Umtausch einzusparen, von mehr Sichtbarkeit im Onlinehandel zu profitieren und neue Kundengruppen anzusprechen. Auf Outlet-Portalen wie Privalia oder Zalando Lounge können zudem auch Luxusmarken abgelaufene Kollektionen oder Restbestände einem exklusiveren Publikum anbieten. Zu den Herausforderungen im Umgang mit Fashion-Marktplätzen zählt sicherlich die noch ungeklärte Wettbewerbssituation, da nicht alle heute am Markt vertretenen Händler den harten Konkurrenzkampf überleben werden. Für Luxus-Marken stellt sich unabhängig von den obigen Vorteilen außerdem die Frage nach aufgeweichter Exklusivität und Repräsentativität, wollen sie nicht auf Portale wie Farfetch setzen, die sich noch nicht durchgesetzt haben. Aber auch Artikel dieser Kategorie haben Zalando & Co im Rahmen von Mitgliederprogrammen u. Ä. in den letzten Jahren besser integrieren können.

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Adrian Gmelch

Adrian Gmelch ist Tech- und E-Commerce-begeistert. Er betreute zunächst große Tech-Unternehmen bei einer internationalen PR-Agentur in Paris, bevor er für die internationale Öffentlichkeitsarbeit bei Lengow tätig wurde.

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